DER HEIDA/PAÏEN IN ALLEN SEINEN VARIANTEN
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Bei uns in der Vinothek bieten wir Weindegustationen an. Wenn es gegen das Jahresende zugeht und die Festtage allmählich näherkommen, gibt es zahlreiche Anfragen. Umso besser!
Vor einiger Zeit konnte ich eine Gruppe zu einer Degustation empfangen. Zwölf Personen, Frauen und Männer, zwischen 25 und 65 Jahre alt, Deutschschweizer. Wie bei allen Degustationen beginnen wir mit dem Fendant, dem Walliser Wein par excellence. Die Besucher zeigen sich erstaunt über seine Frische und Frucht. Ein gut informierter Geniesser weist darauf hin, dass der Fendant heute nicht mehr viel mit dem Massen-Fendant von früher gemeinsam hat. Die Äusserung trifft auf breite Zustimmung. Der Johannisberg, jenseits der Saane sehr bekannt, stösst bei den meisten meiner Gäste auf gute Resonanz. Die Petite Arvine kann alle überzeugen: Ihre Aromen von Zitrusfrüchten, das rassige und kraftvolle Bouquet, das leicht salzige Finale lösen Begeisterung aus. Mit jedem Glas lösen sich die Zungen etwas mehr, die Gäste unterhalten sich angeregt. Dann kommt der Heida an die Reihe. Einer meiner Besucher erzählt, dass dieser Wein von den Rebbergen von Visperterminen stammt, auf fast 1000 Metern über Meer. Ich mische mich in die Diskussion ein und erkläre, dass dieser Heida von Reben aus der Region von Siders kommt. Allgemeines Erstaunen! Siders? Jetzt kommt das Gespräch richtig in Gang. Ich erfasse nicht alle Nuancen der Sprache, aber es scheint klar, dass unsere Freunde aus der Deutschschweiz gerade überaus wichtige Angelegenheiten zu diskutieren haben. Ich unterbreche freundlich die Gespräche und erkläre weiter, dass der Kanton Wallis heute mehr als 90 Hektaren Rebfläche mit Savagninreben zählt, der Rebsorte also, aus welcher der Heida/Païen gekeltert wird. Das löst erneut Erstaunen aus. Ich erläutere, dass «Heida» der Name ist, den die deutschsprachigen Oberwalliser einst dem Wein aus Savagnintrauben gaben. Im französischen Wallis heisst dieser Wein «Païen». Die Reaktionen meiner Deutschschweizer Gäste nehmen wieder an Intensität zu. Einer, der mir meine Verwunderung ansieht, erklärt mir was gesagt wird. Für die grosse Mehrheit der Deutschschweizer ist der Heida eine Rebsorte, der Païen eine andere Rebsorte, und was den Savagnin angeht, so ist diese Traubensorte der gesamten Besuchergruppe völlig unbekannt. Und der Heida kann für die meisten meiner Gäste gar nicht von woanders herkommen als von Visperterminen. Mir wird klar, dass weitere Erklärungen für meine Gäste nötig sein werden. Zuerst wollen sie aber einstimmig mehr von diesem berühmten Heida kosten. Während ich die Gläser auffülle, präzisiere ich, dass die Savagnin-Rebe auch im Jura vorkommt. Dort keltert man aus ihr den berühmten jurassischen Vin Jaune, der sechs Jahre in Fässern ruht, die nie vollständig aufgefüllt werden. So entwickelt er Aromen nach Nüssen, Zimt, Bienenwachs und Karamell. Diese Oxydations-Aromen verdankt der Wein der speziellen Methode, die bei seiner Vinifizierung zur Anwendung kommt. Bevor nun meine Besucher alle versuchen, diese Aromen in ihren Gläsern ausfindig zu machen, erkläre ich, dass der Heida auf traditionelle Art gekeltert wird. Zu guter Letzt beende ich meinen Vortrag mit dem Hinweis, dass man die Savagnin-Rebe ausserdem auch im österreichischen Tirol und im italienischen Südtirol, dem Trentino Aldo Adige finden kann. Einer meiner Gäste fragt schliesslich nach dem Grund für diesen Namen, «Heida». Das bringt mich zuerst etwas aus der Bahn, denn in diesem Punkt gibt es keine eindeutigen Informationen. Es könnte sich um eine wörtliche Übersetzung aus dem Oberwalliser Dialekt handeln. «Heiden» bedeutet dort alt, urtümlich und bezieht sich auf die Zeit vor der Christianisierung, die heidnische Vorzeit. Im selben Dialekt spricht man auch von den «Heidenhäusern» und versteht darunter alte Häuser. Und in Visperterminen heisst die älteste Suone «Heido».